Lektion 2 Definitionen und Kategorien von Risiko- und Schutzfaktoren für psychische Gesundheitsprobleme, die durch gesundheitliche Notfälle und Krisensituationen ausgelöst werden

Risikofaktoren sind Faktoren, die es wahrscheinlicher machen (oder die Wahrscheinlichkeit erhöhen), dass Menschen negative Folgen erleben (NIDA, 2020). Risikofaktoren sind messbar und prädiktiv, und viele Risikofaktoren sind modifizierbar – sie können durch Intervention verändert werden (ACAY, 2015).

Schutzfaktoren sind Faktoren, die es wahrscheinlicher machen, dass Menschen ein gewünschtes Ergebnis erleben werden. Schutzfaktoren fördern die erfolgreiche Bewältigung und Anpassung an Lebenssituationen und Veränderungen. Sie sind nicht einfach die Abwesenheit von Risikofaktoren; vielmehr verringern sie die Wahrscheinlichkeit eines unerwünschten Ergebnisses (z. B. Benard, 2004). Sie können die Auswirkungen von Risikofaktoren verändern, abfedern oder reduzieren (ARACY, 2015). Alle Menschen haben eine gewisse Kombination von Risiko- und Schutzfaktoren.

Risiko- und Schutzfaktoren werden in der Regel in Gruppen eingeteilt (https://ctb.ku.edu/en/table-of-contents/analyze/choose-and-adapt-community-interventions/risk-and-protective-factors/main):

a)Umweltfaktoren – Faktoren, die im sozialen und physischen Umfeld der Person auftreten und für die Gruppe von Menschen in jeder Gemeinschaft spezifisch sind (z. B. Haushalt, Stadt, Lebensbedingungen, Normen und Verhalten von Freunden)

b)individuelle Faktoren – persönliche Erfahrungen oder Aspekte einer Person (oder Gruppe) (z. B. Impulsivität, Belastbarkeit, Bindung).

Risikofaktoren sind nicht notwendigerweise Ursachen für ein negatives Ergebnis und müssen in Verbindung mit Schutzfaktoren bewertet werden. Der Einfluss dieser Faktoren auf das menschliche Verhalten ist wechselwirkend (sie wirken nicht isoliert) und verändert sich über die gesamte Lebensspanne.

Risiko- und Schutzfaktoren für psychische Probleme im Kindes- und Jugendalter in Bezug zu Krisensituationen

Schutzfaktoren für psychische Gesundheitsprobleme im Kindes- und Jugendalter in Bezug auf Krisensituationen

Kategorie Schutzfaktor
Erfahrungen vor Krisensituation
  • Lehrpläne, die Risikoanalyse und -minderung, Sensibilisierung sowie Katastrophenmanagement umfassen (Förderung von Aktivitäten, die die Alarmbereitschaft erhöhen und das Risiko verringern)
  • Information der Öffentlichkeit über bestehende Katastrophenpläne auf lokaler und/oder staatlicher Ebene
  • Einbindung der Gesellschaft in Diskussionen über Risiken, Katastrophenpläne und Reaktionsmöglichkeiten
  • Teilnahme an lokalen Katastrophenübungen
  • Erstellung von (Familien-)Sicherheitsplänen, bevor eine Katastrophe oder ein Notfall eintritt
  • Psychoedukation für Kinder und Erwachsene über normale Reaktionen auf Katastrophen und Stressbewältigungstechniken
  • Erlernte Entspannungsfähigkeiten
  • Indirekte Beteiligung
  • Kindern die Verantwortung übertragen, sich um andere zu kümmern, und sie zur aktiven Bewältigung ermutigen (z. B. die Rolle eines Betreuers für ein Spielzeug übernehmen
Wirtschaft
  • Wiederherstellung von Wohnungen oder Eigentum
  • Sicherstellung einer dauerhaften Unterkunft
Emotionen
  • Positive Selbstgespräche oder gesunde Ablenkung
  • Lenken Sie Ihre Energie auf altersgemäße Aktivitäten, die Ihre Kompetenz fördern
  • Kindern die Möglichkeit geben, darüber zu sprechen, was sie erlebt haben oder was sie darüber denken
  • Kindern die Möglichkeit geben, ihre Sorgen mitzuteilen und Fragen zu stellen
Gesundheit
  • Zugang zu angemessener psychosozialer oder medizinischer Versorgung
Bildung und Schule
  • Gefühl der Sicherheit und der Zugehörigkeit in der Schule
  • Erlangung von Kompetenzen in der Sprache des Gastlandes
Medien
  • Begrenzung des Kontakts mit Medienberichten über traumatische Ereignisse und deren Folgen
  • Kinder mit einfachen und altersgerechten Informationen versorgen, damit sie verstehen können, was vor sich geht
  • Glaubwürdige, aktuelle und hilfreiche Informationen
Familie
  • Verfügbarkeit von Familienressourcen
  • Stabilität in den Reaktionen der Eltern und Betreuungspersonen auf unerwünschte Ereignisse
  • Eltern und Betreuungspersonen gehen mit Notfällen souverän um
  • Eltern vermitteln ihren Kindern ein Gefühl der Resilienz
  • Gute psychische Gesundheit der Eltern, insbesondere der Mütter
  • Familienzusammenhalt und Wahrnehmung einer hohen elterlichen Unterstützung
Gesellschaft
  • Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaft
  • Fähigkeit, auf Widrigkeiten zu reagieren und sich davon zu erholen
  • Geringe Gewalt und Diskriminierung durch Gleichaltrige
  • Leben und Zusammenleben mit anderen Menschen derselben ethnischen Herkunft
  • Unterstützung durch Eltern, Freunde, Nachbarn und die soziale Infrastruktur
  • Gefühl, dass die soziale Unterstützung angemessen war
  • Einhaltung der traditionellen Werte der Familienhierarchie nach Alter und Geschlecht
Freizeit und Erholung
  • Angebote für Freizeit und zur Entspannung

Risikofaktoren für psychische Gesundheitsprobleme im Kindes- und Jugendalter in Bezug auf Krisensituationen

Kategorie Risikofaktor
Erfahrungen vor der Krisensituation
  • Fehlende Erfahrungen und Austausch über Migration oder Vertreibung
  • Frühere Schwierigkeiten (z. B. Notlagen, Gewalterfahrung)
  • Geringe Verbundenheit mit der Nachbarschaft
  • Fehlendes Wissen und Bewusstsein für Risiken oder unrealistische Risikowahrnehmung
  • Frühere ungünstige, traumatische oder belastende Ereignisse

Erfahrung während der Krisensituation

  • Direkte Beteiligung
  • Körperliche Verletzungen (insbesondere am Kopf)
  • Höherer Grad an gefühlter persönlicher Bedrohung während traumatischer Erlebnisse
  • Direkte und indirekte Gewaltexposition
  • Lange Dauer der Exposition

Wirtschaft

  • Probleme bei der Sanierung von Wohnungen oder Häusern
  • Andauerndes Leben in provisorischen Unterkünften
  • Verlust von Besitztümern - einschließlich Gegenständen von ideellem Wert, Haus, finanzieller Unterstützung

Emotionen

  • Angst vor Verlust einer geliebten Person (Familienmitglied, enger Freund, Haustier)
  • Angst vor dem Unbekannten
  • Angst for dem erneuten Auftreten eines Schicksalschlags
  • Eigenständiger Versuch unbeeinflussbare interpersonelle Stressoren zu bewältigen (z.B. Konflikte der Eltern oder Krankheiten)

Gesundheit

  • Neue oder anhaltende gesundheitliche Probleme oder Erkrankungen
  • Mangelnder Zugang zu psychosozialer oder medizinischer Versorgung
  • Fehlender Zugang zu verschreibungspflichtigen Medikamenten

Medien

  • Widersprüchliche Informationen
  • Wiederholter der Berichterstattung der Massenmedien über den Notfall und die Folgen ausgesetzt (z. B. Bilder einer Katastrophe, negative Berichte)

Familie

  • Trennung von Eltern, Familien und/oder Betreuungspersonen
  • Verlust eines Familienmitglieds, eines engen Freundes oder eines Haustiers
  • Abbruch von Beziehungen und Verlust von Intimität
  • Zerfall vertrauter Routinen und Lebensbedingungen
  • Veränderungen in der Haushaltszusammensetzung
  • Physische und psychische Misshandlung und Vernachlässigung von Partnern oder Kindern
  • Gefühl der Unsicherheit, welches von Eltern und/oder Betreuungspersonen vermittelt wird
  • Schlechte Kommunikation innerhalb der Familie
  • Finanzielle Sorgen der Eltern

Gesellschaft

  • Physische Trennung von Freunden
  • Beeinträchtigung der sozialen Netzwerke und Beziehungen
  • Verringerung der sozialen Unterstützung
  • Große kulturelle Unterschiede
  • Empfundene Diskriminierung

Freizeit und Erholung

  • Störungen der Freizeit- und Entspannungsaktivitäten

Veränderungen in der Weltsicht und Eigenwahrnehmung

  • Ungewissheit über die eigene Gesundheit
  • Veränderung von Routine, Lebensstil, Lebensbedingungen
  • Verlust von Kontrolle und Handlungsfähigkeit
  • Verlust der Hoffnungen auf das Erreichen eigener Ziele

Allgemeine Risiko- und Schutzfaktoren für psychische Probleme im Kindes- und Jugendalter

Allgemeine Risikofaktoren für psychische Probleme im Kindes- und Jugendalter

Frühe Kindheit

Individuum Familie Schule, Nachbarschaft, Gemeinschaft
  • Schwieriges Temperament: leichte Reizbarkeit, geringe Anpassungsfähigkeit, keine festen Routinen
  • Unsichere Bindung zu den Eltern
  • Motorische, kognitive oder sprachliche
  • Beeinträchtigungen
  • Frühgeburt
  • Soziale Hemmungen oder Feindseligkeit gegenüber Gleichaltrigen
  • Kopfverletzung
  • Aggressives Verhalten
  • Sexuelle Viktimisierung
  • Strenge Disziplin
  • Mütterlicher Stress
  • Drogenmissbrauch der Eltern
  • Schlechte psychische Gesundheit der Eltern
  • Vernachlässigung und Missbrauch durch die Eltern
  • Kaltes und teilnahmsloses Verhalten der Mutter
  • Konflikte zwischen den Eltern
  • Familiäre Dysfunktion
  • Verlust eines Elternteils
  • Alleinerziehend
  • Armut
  • Schlechte Qualität der Kinderbetreuung
  • Fehlen einer medizinischen Einrichtung
  • Leben in einem sozialstrukturell schwachen Viertel

Kindheit und Jugend

Individuum Familie Schule, Nachbarschaft, Gemeinschaft
  • Häufiges Gefühl von Angst oder Furcht
  • Impulsivität
  • Depressivität oder Apathie
  • Negatives Selbstbild
  • Schüchternheit
  • Unsichere Bindung zu den Eltern
  • Mangel an sozialen Fähigkeiten: aggressiv, impulsiv,
  • passiv oder zurückgezogen, schlechte Problemlösungsfähigkeit
  • Schlechte schulische Leistungen
  • Wenig Einsatz in der Schule
  • Sexuelle Viktimisierung
  • Traumatische oder belastende Ereignisse

In der Kindheit

  • Defizite bei der Impulskontrolle und Selbstbeherrschung
  • Sensationslüsternheit
  • Verhaltensauffälligkeiten
  • Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

In der Pubertät:

  • Weibliches Geschlecht (Risikofaktor für Depression)
  • Extremes Bedürfnis nach Anerkennung
  • Anfälligkeit für Drogen oder früher Substanzmissbrauch
  • Drogenmissbrauch bei Eltern oder Geschwistern
  • Schlechte psychische Gesundheit der Eltern
  • Mangelhafte elterliche Erziehung (Ablehnung, Feindseligkeit, mangelnde Wärme, überkritische Eltern, harte Disziplin)
  • Elterliche Vernachlässigung und Missbrauch
  • Verlust eines Elternteils
  • Ehekonflikte oder Scheidung
  • Dysfunktionale Familie
  • Elterliche Überbehütung oder vernachlässigende Erziehung
  • Eltern verstärken Bedrohungswahrnehmung und Vermeidungsverhalten
  • Eltern-Kind-Konflikte
  • Ablehnung durch Gleichaltrige oder Entfremdung von Gleichaltrigen
  • kriminelle Freundesgruppe
  • Armut
  • Stressige Ereignisse in der Gemeinschaft (z. B. Gewalt)
  • Belastende Ereignisse in der Schule
  • Leichte Verfügbarkeit und leichter Zugang zu Alkohol

Frühe Kindheit

Individuum Familie Schule, Nachbarschaft, Gemeinschaft
  • Gute Selbstregulation
  • Sichere Bindung an die Eltern
  • Gute Kommunikations- und Sprachfähigkeiten
  • Fähigkeit, Freunschaften zu schließen und sich mit anderen Menschen zu verstehen
  • Unterstützung, emotionale Verfügbarkeit, Schutz und Disziplin
  • Adäquate sozioökonomische Ressourcen der Familie
  • Frühförderung
  • Unterstützungsangebote für Kinder mit Behinderungen (z.B. Essensangebote, Vorsorgeuntersuchungen)
  • Geringer Betreuungsschlüssel in Tagesstätten
  • Qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung und Sozialarbeit

Kindheit und Jugend

Individuum Familie Schule, Nachbarschaft, Gemeinschaft
  • Gute schulische Fähigkeiten
  • Fähigkeit, Freunschaften zu schließen und sich mit anderen Menschen zu verstehen
  • Hohes Selbstwirksamkeit
  • Optimismus
  • Emotionale Selbstregulierung
  • Soziale Einbindung in der Schule, Gleichaltrige, Vereine, Kirche etc.
  • Unterstützung der Eltern
  • Autoritative Erziehung (Einbindung, emotionale Wärme, Unterstützung der Autonomie, klare Regeln und Erwartungen, Strukturen und Rituale)
  • Gutes Familienklima
  • Verfügbarkeit von sozialer Unterstützung außerhalb der Familie (z.B. Freunde, Lehrer, Vereine)
  • Guttuende Gleichaltrige
  • Hohe schulische Standards
  • Bewusstsein der Schule und etablierte Routinen gegen Mobbing
  • Probate Klassenführung